Vermögenserhalt ist keine Selbstverständlichkeit, vor allem nicht nach dem Verkauf des Unternehmens. Neue Anlagemöglichkeiten tun sich auf und locken mit Versprechungen. Gut, wer da eine klare Strategie fährt – und
sich dabei immer noch ein bisschen unternehmerisch fühlt.

Plötzlich vermögend? Was für manche wie ein Traum klingt, führt bei vielen in der Realität zu großem Druck. Denn wer ein sogenanntes Cash-Event – also den Verkauf des Unternehmens oder von -anteilen – hinter sich hat, der steht vor einer völlig neuen Herausforderung. Das plötzlich liquide Vermögen, das vormals im Unternehmen feststeckte, muss sinnvoll investiert werden, um es zu erhalten.

Eine eigene Anlage- und Investmentphilosophie zu entwickeln ist gar nicht so einfach. Da gilt es, die ganze Familie und deren Werte abzubilden. Das ganze Vermögen dann selbst in die Hand zu nehmen und auf eigene Faust nach Anlagemöglichkeiten zu suchen ist eine Herausforderung für sich. Berater und Vermögensverwalter zu finden, die zu einem passen, ebenso.

Traditionelle Gangart beim Vermögen

Zumindest in einem Punkt waren sich die Familien Mayer-Schierning und Kremser einig, als sie sich nach dem Unternehmensverkauf neu positionieren mussten: „Wir sind zwar zwei Familienstämme, wollen aber gemeinsam als eine Unternehmerfamilie investieren“, sagt Stefan Mayer-Schierning.

Die beiden Familien waren historisch bedingt schon immer im Immobilien- und Baugewerbe tätig, erzählt er. Im Jahr 2006 tat sich die erste Opportunität auf: Die Hamburger Quantum Immobilien AG erwarb das Kern-Asset der Familien, die Bleichenhof-Passage in der Hamburger Innenstadt in der Nähe des Jungfernstiegs. Das restliche Familienvermögen war aber immer noch im familieneigenen Bauunternehmen gebunden. Getreu dem Motto „eine Opportunität kommt selten allein“ veräußerten die Familien einige Zeit später auch das Bauunternehmen.

Philipp Lennertz

Philipp Lennertz / Foto: Lennertz & Co.

Der Gedanke, sich einem professionellen Vermögensverwalter anzuschließen, war bereits vorher gereift. Durch einen privaten Kontakt gelangten die Familien zunächst zu einem Multi Family Office, das allerdings von einer Schweizer Großbank übernommen wurde. „Mit der Übernahme durch die Großbank fühlten wir uns aber nicht mehr verstanden“, sagt Stefan Mayer-Schierning rückblickend. „Die Strategie, die dort für uns gemanagt wurde, hat nicht zu uns als Familie gepasst, und auch die Ergebnisse stimmten nicht.“ Bei einem eher konservativen Anlageplan, einem sogenannten Balanced Portfolio, der ab und an hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei, habe die Familie zunehmend die Leistungen hinterfragt. „Eine verhältnismäßig kleine Partei zu sein, die im Großbanktopf von mehreren Milliarden mit verwaltet wird, kann Vorteile haben. Aber die kamen bei unserer Familie und dem Vermögen nicht an“, sagt Stefan Mayer-Schierning. All das ereignete sich zur Zeit der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008. Kein guter Start in die Vermögensverwaltung, resümiert der Unternehmer.

Dabei war die Familie immer mal wieder von einzelnen Mitarbeitern diverser Vermögensverwalter angetan. Für Stefan Mayer-Schierning und seine Familienmitglieder wurde klar, dass es an den Personen hängt, mit denen sie zusammenarbeiten möchten – und nicht an der Institution selbst. Eine dieser Personen ist Philipp Lennertz. „Wir sind ihm schließlich gefolgt, weil er uns und unsere Denkweise verstanden hat.“ Und auch vom Alter her
hätten die jüngeren Vertreter der Unternehmerfamilie wie Stefan Mayer-Schierning und Philipp Lennertz gut zusammengepasst.

Als dieser sich 2015 selbständig machte, wurden die Unternehmerfamilien Mayer-Schierning und Kremser einer der ersten Ankerkunden. Warum sie Lennertz nicht direkt als Single Family Officer eingestellt haben, wenn doch sowohl die Chemie als auch sein Investmentansatz passten? „Wir haben verstanden, dass Philipp Lennertz nicht nur unternehmerisch investiert, sondern durch und durch ein Unternehmer ist. Es hätte nicht gepasst, ihn in das Korsett eines Single Family Offices zu zwingen“, sagt Stefan Mayer-Schierning.

Ein Family Officer reicht nicht mehr

Frank Blochmann

Frank Blochmann / Foto: Frank Blochmann

Zumal ein Single Family Officer nicht alles allein abdecken kann. So erlebte das Frank Blochmann, der ebenfalls ein Cash-Event hatte, das ihn zum Umdenken und auf den Weg hin zu einem Multi Family Office brachte. Nach unterschiedlichen Positionen bei Logistikunternehmen weltweit war Blochmann 1999 Mitgründer und Hauptaktionär der TX Logistik AG, einer privaten Güterbahngesellschaft mit eigenen Technikern und Lokomotivführern. 2005 erwarb die italienische Staatseisenbahn FS 51 Prozent des Unternehmens. 2011 verkauften die Gründungspartner die restlichen 49 Prozent an den Staatskonzern und stiegen aus dem Unternehmen aus.

Bereits vor den Transaktionen hatte Blochmann Vermögen aufgebaut und eine Art eigenes Family Office betrieben. „Ich habe schon vor der Gründung von TX Logistik ein entspanntes Verhältnis zu Geld gehabt. In den vielen Jahren meiner Berufstätigkeit im Ausland kaufte ich auch schon Immobilien.“ Um sich um das Immobilienportfolio, den Kapitalmarkt und die liquiden Assets zu kümmern, heuerte er in Zeitarbeit einen erfahrenen Banker aus Deutschland an und zusätzlich eine Sekretärin.

Man könne das schon als kleines Single Family Office beschreiben, meint der Unternehmer in der Rückschau, aber die Assets seien im Vergleich zu heute überschaubar gewesen. Durch die Transaktion und die komplette Liquidierung seiner Anteile brauchte das Vermögen mehr Struktur. Das ging nur mit mehr Manpower. Für Blochmann war der entscheidende Faktor für die Mandatierung eines Family Offices dessen Investmentansatz. „Ich will mich in der Strategie wiedererkennen, und es soll nur in Dinge investiert werden, die ich auch verstehen kann.“

Abseits der Börse

Indirekte und direkte Investments in Unternehmen, die zu diesem Ansatz passen, gehören mittlerweile für Blochmann dazu, der heute Mandant von Lennertz & Co. ist. „Wer höhere Renditen erzielen möchte, sollte schon beim frühphasigen Unternehmenswachstum dabei sein“, erläutert Philipp Lennertz. „Die Wertschöpfung eines Unternehmens findet schon immer vor allem vor einem Börsengang statt – heutzutage aber noch stärker als noch vor 20 Jahren.“ 45 Prozent in Private Markets zu investieren sei der Richtwert für seine Mandanten, was Private Equity, Venture Capital und direkte Investitionen in Unternehmen einschließe. Familie Mayer-Schierning kommt das entgegen. „Das unternehmerische Investieren liegt uns als Unternehmerfamilie schon sehr“, erklärt Stefan Mayer-Schierning. Nach dem verlustreichen Jahr 2022 am Kapitalmarkt ist er froh, dass seine Familie eine größere Private-Equity-Position im Portfolio hat. Die ersten Schritte in diesem Bereich wollte die Familie aber nicht allein gehen, sondern mit anderen Investoren. Lennertz selbst und sein Multi Family Office investieren bei allen Beteiligungen und Fonds mit und sitzen so immer im selben Boot wie alle Investoren. „Wenn der Berater bei Investments seine eigene Due Diligence durchführt und selbst ein Risiko eingeht, dann vermittelt das viel mehr Vertrauen, als wenn er lediglich das Vermögen für andere verwaltet“, sagt Mayer-Schierning.

Geheilt werden

Was aber, wenn es andersherum läuft? Viele Unternehmerfamilien bekommen beispielsweise aus ihrem Umfeld Angebote für Investments zugetragen. Sowohl bei Stefan Mayer-Schierning als auch bei Frank Blochmann ist das regelmäßig der Fall. „Wenn jemand auf mich zukommt, der Eigenkapital benötigt und ein Geschäftsmodell hat, das ich verstehen kann und das mich überzeugt, dann fördere ich das, auch wenn weniger Rendite dabei herausspringen kann“, erklärt Blochmann. Dabei vertraue er meist auf den Rat oder das Urteil seiner Berater.

Aber er tut das nicht immer. Aktuell hat Blochmann eine Online-Plattform für nachhaltige Mode im Luxussegment mit Produktionsstätten auf Mauritius und Madagaskar auf dem Schirm, in die er investieren will. Die Investmententscheidung komme von Herzen, sagt er. Und obwohl die Private-Equity-Analysten von Lennertz & Co. auf die Risiken der Modebranche hingewiesen haben, wird Blochmann investieren. Er sagt über den Prozess: „Mein Family Office hat in die Analyse meiner Idee Zeit reingesteckt. Das zeigt die Wertschätzung mir gegenüber, denn es hätte auch direkt sagen können, dass Mauritius nicht in meinen Investmentfokus passt und es daher keine Zeit für die Analyse verschwenden werde. Mich überzeugt aber nicht Mauritius oder die Modebranche, sondern ein überzeugendes Team von Management und Co-Investoren.“

Ob das nun was wird mit dem Investment, wird die Zeit zeigen. Stefan Mayer-Schierning scheint da einen Schritt weiter zu sein. Auch er hatte ein Investment auf dem Tisch, das lohnend schien und er allen Unkenrufen seines Family Offices zum Trotz umsetzen wollte. Das Geld habe er verloren, sagt er, aber zumindest habe er teilweise auf das Analystenteam gehört, das ihm zu einem deutlich geringeren Investmentbetrag geraten habe. „Ich bin jetzt geheilt vom Selbst-Investieren.“

Die Perlen der Krise

Und was, wenn es auch in den anderen Bereichen des Portfolios lahmt? „Geschwätz“ nennt Blochmann Aufrufe zum Umschichten von Portfolios in Krisenzeiten. Er schaue beispielsweise auf die Baubranche und die Meinungen der Experten dazu: „Jeder sagt, man soll gerade nicht in die Baubranche investieren und nicht bauen, weil es teuer ist. Auf der anderen Seite sprechen alle davon, dass Wohnraum fehlt. Das passt für mich nicht zusammen, und ich sehe da Chancen.“

Philipp Lennertz ergänzt, dass man in Zeiten der Krise so manche Perle finden könne. Bei den sogenannten Secondaries, wenn bisherige Venture-Capital- und Private-Equity-Investoren ihre Beteiligungen oder Fondsanteile verkaufen, könne man gute Bestandsportfolios aus früheren Jahren mit einem schönen Abschlag kaufen. Für Frank Blochmann ist das die Definition von unternehmerischem Investieren: sich nicht nervös machen zu lassen von den Märkten und in jeder Krise eine Chance zu sehen. Wenn er das sagt, hört er sich fast wie ein waschechter Familienunternehmer an.

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