Armin Eiche, CEO, Pictet Wealth Management Deutschland, über die Chancen verschiedener Asset-Klassen und die Rolle von nachhaltigen Investments.

Armin Eiche, die „wir“-Redaktion hat gemeinsam mit der WIFU-Stiftung und Pictet Wealth Management Deutschland das 3. „wir“-Barometer konzipiert und erstellt. 53 Prozent der befragten Gesellschafter aus Familienunternehmen verfolgen langfristig das Ziel des realen Werterhalts ihres Familienvermögens. Gleichzeitig streben 41 Prozent eine nominale Rendite zwischen 5 und 10 Prozent für das Gesamtvermögen an, 37 Prozent eine Rendite zwischen 3 und 5 Prozent. Werden diese Zielrenditen angesichts der Inflations- und Zinsentwicklungen reichen, um den Vermögenswert real zu halten?

Wir müssen berücksichtigen, dass die Umfrage im August und September lief und sich das Inflationsumfeld inzwischen wieder etwas entspannt hat. So rechnen wir inzwischen mittelfristig mit einer Inflation von 5 bis 7 Prozent und längerfristig mit einer Inflationsrate von etwa 3 Prozent. Unter diesen Annahmen und durch die deutlich gestiegenen Zinsen in den USA und Europa sowie angesichts korrigierter Aktienkurse mit hieraus resultierenden Gewinnrenditen sollte realer Kapitalerhalt sehr wohl möglich sein. Dennoch müssen Investoren mehr Risiken hinnehmen und ihre Anlagestrategien auf alternative Assets erweitern.

Info

Im 3. wir-Barometer geben 260 Unternehmerfamilien Auskunft über ihre langfristigen Anlageziele, die Performance ihrer Assetklassen sowie Bedrohungen für den Erhalt des Familienvermögens. Die Ergebnisse wurden ausführlich in einem Whitepaper aufbereitet.
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In welchen alternativen Asset-Klassen werden sich die Renditen denn so positiv entwickeln, dass der reale Wert des Vermögens nicht nur erhalten, sondern gar gemehrt werden kann?

Wir sehen derzeit mehr Investitionen im Private-Markets-Bereich, vor allem in Private Equity und Immobilien. Das zeigt auch ein Ergebnis des „wir“-Barometers: 59 Prozent wollen ihre Investitionen in Immobilien ausbauen, 32 Prozent in Private Equity. Zunächst zu Immobilien: Aus dem Barometer geht hervor, dass 78 Prozent der Befragten, die in Immobilien investiert sind, im ersten Halbjahr 2022 ihre Planzahlen erreicht oder sogar übertroffen haben. Unabhängig von der derzeitigen Positionierung gehen wir davon aus, dass Renditen aus Wohnimmobilien leicht unter Druck geraten werden. Kaufpreise werden zumindest kurzfristig konsolidieren. Durch die internationale Diversifizierung bei Wohn- und Gewerbeimmobilien sowie durch die Ausweitung der Wertschöpfungskette kann die zu erwartende Rendite gesteigert werden. Sofern Grundstückserwerb, Projektentwicklung und Veräußerung aus einer Hand kommen, können auch zweistellige Renditen erzielt werden. Gerade Private-Equity-Real-Estate-Fonds decken diesen Ansatz ganzheitlich ab und können Renditen von bis zu 15 Prozent erwirtschaften.

Zurück zu Private Equity: Wie realistisch ist es, dass wir Renditen von 10 bis zu 15 Prozent, die in der Vergangenheit durchaus erzielt wurden, auch in Zukunft sehen werden? Die neue Zinssituation, brüchige Lieferketten und zunehmende Handelshemmnisse treffen auch Unternehmen in den Private-Equity-Portfolios. Und die Unternehmensbewertungen sinken, was manche Exit-Pläne durchkreuzt.

Zunächst: In der Asset-Klasse Private Equity finden Unternehmerfamilien eine unternehmerische Lösung für ihre Anlageziele; sie sind weiterhin nah an Unternehmen dran, wenn auch nur indirekt. Die Branche steht zwar kurzfristig vor den von Ihnen genannten Herausforderungen, die zu einer Korrektur der Marktpreise geführt haben, gleichzeitig aber wiederum für günstigere Einstandspreise sorgen sollten. So waren Krisen immer die
besten Jahrgänge, weil es Top-Qualität zu vernünftigen Preisen gibt. Auch hier sollte der Anspruch sein, eine Rendite von circa 15 Prozent zu erwirtschaften.

Hedgefonds und Kryptowährungen spielen im Portfolio der Befragten des „wir“-Barometers nur eine untergeordnete Rolle. Rechnen Sie hier mit Veränderungen in der Zukunft?

Man sollte diese beiden Arten des Investments strikt voneinander trennen. Hedgefonds spielen international eine signifikante Rolle beim Aufbau komplexer Portfolios und waren insbesondere in den vergangenen Monaten ein guter Puffer gegen Verluste am Aktienmarkt. Generell sollten sie in der Lage sein, eine marktunabhängige positive Rendite zu erwirtschaften. Und gerade in Zeiten hoher Volatilität können sogenannte Long-Short-Strategien einen positiven Beitrag zur Gesamtperformance erbringen. In Krypto investieren wir selbst nicht und erwarten dies auch nicht in der Zielgruppe. Allerdings erachten wir die zugrunde liegende Blockchain-Technologie als Technologie von morgen und haben gerade in der Schweiz dazu eine Machbarkeitsstudie erfolgreich durchgeführt.

Thema Nachhaltigkeit: 18 Prozent der Befragten des „wir“-Barometers sagen, dass nachhaltige Investments keine hervorgehobene Rolle spielen. Überrascht Sie dieses Ergebnis?

Man kann das Ergebnis natürlich auch anders sehen. Annähernd 80 Prozent der Befragten beschäftigen sich damit. Tendenz steigend, und das erleben wir auch in unseren Kundengesprächen. Je operativer Gesellschafter in ihren Unternehmen tätig sind, umso mehr sind sie auch in ihrem unternehmerischen Umfeld damit konfrontiert. Wir reden hier auch von „verantwortlichem Investieren“. Und wer als Investor wie als Unternehmer langfristig und verantwortlich denkt, kommt an diesem Thema nicht vorbei.

Ein weiteres Ergebnis des „wir“-Barometers lautet, dass 26 Prozent der Befragten nachhaltig investieren, aber nicht auf Kosten der Rendite. 20 Prozent sagen, dass sie für nachhaltiges Investieren auf Rendite verzichten. Wie können wir dieses Ergebnis einordnen?

Das Thema Nachhaltigkeit wird zu einem fundamentalen Gamechanger, schon allein, da die Regulatorik sowohl in der Finanzwirtschaft als auch bei den Unternehmen signifikant eingreift. Wer sich nicht nachhaltig aufstellt, geht vielfältige Risiken ein. Wir reden hier auch über Bonität, Mandatierung, Entwicklung von künftigen Schlüsseltechnologien, Reputationsrisiken etc. Dies wird aus meiner Sicht viel zu wenig diskutiert. Auch wird der Transformation zu wenig Beachtung geschenkt. Unternehmen, die sich in die richtige Richtung bewegen, werden langfristig gute Investments sein und langfristig einen überdurchschnittlichen Performance-Beitrag liefern.

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