Alexander Fleischer: „Urteil zum Stichtagsprinzip ist vorteilhaft“

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Welche Veränderungen können Unternehmerfamilien von der neuen deutschen Bundesregierung erwarten, wenn es um die Übertragung von Vermögen im Rahmen der Nachfolge geht?

Der Koalitionsvertrag enthält praktisch nichts Konkretes zur Erbschaft- und Schenkungsteuer. Allerdings könnte Bewegung in das Thema Familienstiftung kommen, die als Nachfolgelösung bei sogenannten Großerwerben genutzt wird. Wenn der Empfänger kein Privatvermögen hat, wenn die Familienstiftung also „arm“ ist, weil sie kein eigenes Privatvermögen besitzt, kommt eine komplette Verschonung hinsichtlich der Erbschaftsteuer in Betracht. Manchmal wird für jeden einzelnen Begünstigten sogar eine eigene Familienstiftung gegründet. Der Finanzverwaltung ist die Thematik bekannt. Die Frage ist, ob der Gesetzgeber dies irgendwann ändern wird, also dass Familienstiftungen nicht mehr als begünstigte Erben zählen, so dass diese Gestaltungen nicht mehr vorteilhaft wären.

Im Koalitionsvertrag wird eine Rechtsform erwähnt, die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen. Könnte diese eine Alternative zur Stiftung werden?

Möglicherweise, es lohnt sicherlich, diese Entwicklung zu beobachten. Denn die klassische Stiftung im Rahmen der Nachfolge stößt bei Unternehmerfamilien oft nicht auf große Begeisterung. Die Endgültigkeit, sich als Eigentümer auf Dauer vom Unternehmen zu trennen, schreckt viele ab. Außerdem muss man sich auch um eine Stiftung kümmern, das muss einem bewusst sein. Es wäre ein Irrtum zu glauben, durch die Gründung einer Stiftung sei man alle Verantwortlichkeiten los: Die Stiftung als Eigentümerin trägt über die Gremien wichtige Entscheidungen mit. Insgesamt betrachtet könnte eine neue, alternative Rechtsform mit womöglich weniger Komplexität als eine Stiftungslösung neue Wege für die Nachfolge ebnen.

Welche Folgen hat das sogenannte Parkhaus-­Urteil des Bundesfinanzhofs vom Februar 2024 für die Übertragung von Immobilienvermögen?

Im „Parkhaus-Urteil“ hat der Bundesfinanzhof festgelegt, dass fremdvermietete Grundstücke grundsätzlich nicht als „begünstigtes Vermögen“ gelten. Das hat Folgen für viele Unternehmen in den verschiedensten Branchen. Ein Beispiel: Für Unternehmen aus dem Beherbergungsbereich, also zum Beispiel Hotels oder Campingplätze, sieht die Finanzverwaltung deren Immobilien als „begünstigtes Vermögen“, weil das Vermieten von Zimmern oder Plätzen zu ihrem originären gewerblichen Geschäft gehört. Als Antwort zum „Parkhaus-Urteil“ hat die Finanzverwaltung einen „Nichtanwendungserlass“ herausgegeben und damit verdeutlicht, dass sie trotz des Urteils bei ihrer alten Regel bleibt. Solch ein Hin und Her zwischen Gerichten und Finanzverwaltung verursacht Rechtsunsicherheit, im ungünstigsten Fall muss man mit komplizierten Rückabwicklungen oder Rückübertragungen arbeiten. Man kann also schwer abschätzen, ob Steuervorteile für vermietete Immobilien erhalten bleiben. Ein eher vorteilhaftes Urteil ist im November 2024 durch das Finanzgericht Münster zum sogenannten Stichtagsprinzip bei der Übertragung von Immobilien im Bebauungszustand ergangen. Das letzte Wort hat allerdings auch hier der Bundesfinanzhof.

Was folgt daraus für die langfristige Planung in der Vermögensnachfolge?

Es gibt wichtige Urteile von Gerichten und wichtige Richtlinien von der Finanzverwaltung, an denen man sich bei steuerlichen Fragen orientieren muss. Das Problem ist aber, dass sich nie genau vorhersagen lässt, ob im jeweiligen Fall die Vorgaben der Finanzverwaltung oder die der Gerichte für den Steuerzahler vorteilhafter sind. Mal hilft einem eher das Finanzamt, mal eher ein Gerichtsurteil.