Medien berichten wohlwollend über Familienunternehmen

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Das Image eines Unternehmens in der Öffentlichkeit ist ein hohes Gut. Vor allem in Zeiten, in denen Firmen um die Gunst der besten Fachkräfte werben. Wenn Familien- und Nicht-Familienunternehmen große Wachstumsschritte machen, reagieren die Medien darauf unterschiedlich. Ebenso sieht es aus, wenn Unternehmen, die in Privatbesitz sind, Stellen abbauen müssen und die Berichterstattung mit der zum Stellenabbau von Konzernen verglichen wird.

Dr. Sebastian Fourné (Associate Professor an der University of North Florida), Dr. Rico Kremer (ehemals Universität Erfurt) und Prof. Dr. Miriam Zschoche (Universität Erfurt) haben in der Studie „Media reactions to family Firms’ downsizing and upsizing decisions“ untersucht, wie Medien über große Personalentscheidungen berichten. Dafür haben sie 15.913 Printmedienberichte zu Stellenabbau sowie 2.128 zu Neueinstellungen analysiert. Grundlage war, dass mindestens 100 Mitarbeiter entweder ihren Job verlieren oder 100 neue Stellen geschaffen wurden. Bei Stellenabbau wurden Meldungen, die in Zusammenhang mit Insolvenzen und Bankrotten standen, aussortiert. Die Ergebnisse sind in der 193. Ausgabe des Journal of Business Research im April erschienen. Es wird vom niederländischen Wissenschaftsverlag Elsevier verlegt.

Beim Stellenabbau kommen Familienunternehmen besser weg

Was sich zeigt: Bauen Familienunternehmen Stellen ab, berichten Medien positiver darüber als bei Nicht-Familienunternehmen. Im Gegensatz dazu ist bei der Ankündigung von großen Wachstumsschritten und Einstellungen die Tendenz in der Berichterstattung genau umgedreht. Wachsen Nicht-Familienunternehmen bei der Mitarbeiterzahl signifikant, wird das positiver bewertet als bei Familienunternehmen.

Die Autoren der Studie sehen den Grund hierfür in dem Image, das die Gesellschaft mit Familienunternehmen verbindet. Diese stehen für langfristige Strategien und Stabilität. Journalisten bedienen diese Sichtweise, weil sie kognitive Dissonanzen im Sinne der Leserschaft vermeiden wollen. Die Berichterstattung zum Stellenabbau wird oft positiv gefärbt, da man Familienunternehmen den guten Willen unterstellt, Kündigungen nur als letztes Mittel einzusetzen, wenn alle anderen Alternativen nicht funktioniert haben. Familienunternehmen profitieren somit von einem „Reservoir an Goodwill“ bei externen Stakeholdern, den Konzerne in Streubesitz nicht in gleichem Maße genießen.

Wachstum bitte nur langsam und stetig

Mit dem gleichen Ansatz erklären die Autoren auch die Tendenz, dass Berichte zur Erweiterung der Belegschaft bei Familienunternehmen nicht so positiv ausfallen wie bei Unternehmen, die keine Eigentümerfamilie hat. Denn ein sprunghafter Anstieg der Mitarbeiterzahl zählt nicht zu den typischen Merkmalen von Familienunternehmen. Von Familienunternehmen erwartet man, dass sie Kapazitäten eher behutsam aufbauen. Gründe für eine Aufstockung der Mitarbeiterzahl bringen Medien im Gegensatz zum Stellenabbau nicht mit äußeren Faktoren in Zusammenhang. Daher führen sie die Entscheidung für Wachstum direkt auf die Eigentümer zurück, von denen aber erwartet wird, besonnen und langfristig zu handeln.

Wachsen hingegen Nicht-Familienunternehmen, bestätigen sie ihre Ambitionen und die Entscheidungen, die von ihren erwartet werden, so Fourné, Kremer und Zschoche. Daher werden Meldungen zum Wachstum bei Nicht-Familienunternehmen medial in besseres Licht gerückt.

Was können Unternehmerfamilien mitnehmen?

Die Studie weist darauf hin, dass Familienunternehmen in ihrer Planung von Wachstum und deren Kommunikation die – im Vergleich zu Nicht-Familienunternehmen – weniger positive Medienberichterstattung als Teil der Opportunitätskosten von Unternehmensvergrößerungen betrachten sollten. Dadurch würden die Gesamtauswirkungen von solchen Entscheidungen besser bewertbar.

Zudem können Familienunternehmen in ihrer Kommunikationsstrategie die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Studie für sich nutzen, um die positiven Aspekte der Unternehmensvergrößerung besser hervorzuheben. So können sie für sich selbst das Image schaffen, das Nicht-Familienunternehmen in der medialen Öffentlichkeit bereits haben: Deren Wachstum ist positiv konnotiert. Denn was bedeutet es für Unternehmerfamilien, wenn in der Gesellschaft der Eindruck vorherrscht, Wachstum und Familienunternehmen passten nicht zusammen?

Hat Internationalen Journalismus in Magdeburg studiert. Schrieb schon davor für die Südwest Presse in seiner Heimat Ulm. Sammelte zudem Auslandserfahrung bei der Allgemeinen Zeitung in Windhoek, Namibia, sowie bei Kwanza TV in Daressalam, Tansania. Seit 2017 Redakteur bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA und Mitglied im Redaktionsteam des wir-Magazins.