Oliver Holtz: „US-Dollar bleibt wichtigste ­Währung“

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Die Zollthematik hält die Märkte in Atem. Wie können Investoren auf lange Sicht planen?

Die große Frage, die sich seit der Wahl von Donald Trump mittelfristig und langfristig stellt: Kann man den USA noch so vertrauen wie früher? Es geht nicht nur um wirtschaftliche Konflikte, sondern auch um die Frage, ob die USA noch ein verlässlicher Partner sind. Ein weiteres Kriterium für die Anlagestrategie ist die Rolle des US-Dollar. Wenn das Vertrauen in die USA sinkt, könnte auch der Einfluss des US-Dollar langfristig abnehmen. Manche sprechen bereits von einer möglichen „tektonischen Verschiebung“, also der Verlagerung der wirtschaftlichen Macht weg von den USA hin zu Europa oder anderen Regionen. Ein Beispiel dafür könnte sich im MSCI World Index zeigen: US-Unternehmen machen 72 Prozent in diesem Index aus, Europa derzeit nur etwa 12 Prozent. Langfristig glauben wir, dass der Anteil der USA etwas sinken wird, vielleicht auf etwa 60 bis 62 Prozent. Dennoch: Die USA werden weiterhin der wichtigste Finanzmarkt der Welt sein. Die USA „abzuschreiben“, wäre falsch. Und ganz klar: Der US-Dollar bleibt die wichtigste Währung der Welt, keine andere Währung kann ihn derzeit ersetzen.

Mit welchen Entwicklungen an den Aktienmärkten können Anleger rechnen?

Nach der jüngsten Erholung an den Börsen erwarten wir, dass sich die Aktienkurse für den Rest des Jahres eher seitwärts bewegen, also weder stark steigen noch fallen – zumindest in den USA. Für Europa sind wir etwas positiver gestimmt. Zwar erwarten wir geringere Unternehmensgewinne als in den USA, aber Europa könnte von einem „Europe Revival“ profitieren: Es wird sehr viel Geld investiert, besonders in Infrastruktur und Verteidigung und vor allem durch Deutschland. Das wirkt wie ein wirtschaftliches Förderprogramm für Europa. Außerdem sind europäische im Vergleich zu US-amerikanischen Aktien aktuell niedriger bewertet und könnten sich daher in den kommenden Monaten besser entwickeln.

Wie sind die US-Tech-Konzerne vor diesem Hintergrund zu bewerten?

Früher sprach man oft von den „Magnificent Seven“. Wir sehen heute eher sechs Unternehmen, denn Tesla gehört aus unserer Sicht aufgrund der gesunkenen Profitabilität nicht mehr wirklich dazu. Die anderen sechs, also Microsoft, Amazon, Alphabet, Apple, Meta und Nvidia, performen aber weiterhin sehr stark. Sie wachsen schneller als der Rest des Marktes, machen doppelt so viel Gewinn, sind „Cash-Rich“-Unternehmen und investieren stark in Künstliche Intelligenz. Vor diesem Hintergrund haben die großen US-Tech-Unternehmen weiterhin einen Sonderstatus gegenüber dem breiten US-Markt.

Welche Auswirkungen hat die globale Wirtschaftslage auf die außerbörslichen Märkte?

Die erratische Zollpolitik sorgt auch bei Unternehmen für Unsicherheit. Firmen wissen nicht, ob sie investieren, verkaufen oder abwarten sollen. Das betrifft auch den Private-Equity-Markt. Wir sehen derzeit nur wenige Transaktionen, entsprechend gering sind die Rückflüsse. Aber: Private Equity war vor allem aufgrund der niedrigen Zinsen über viele Jahre erfolgreich. Seit 2022 sind die Zinsen gestiegen, folglich hat sich der „Leverage-Effekt“ abgeschwächt. Deshalb agieren Investoren jetzt vorsichtiger und zahlen nicht mehr jeden Preis. Doch auch wenn die guten Zeiten für Private Equity erst einmal vorbei zu sein scheinen: Analysen zeigen, dass Investments in Private Equity auf lange Sicht oft besser abschneiden als die Aktienmärkte. Das liegt vor allem im Illiquiditätsaufschlag begründet, der meist bei 2 bis 3 Prozent liegt. Daher erwarten wir für Private Equity auch weiterhin langfristig renditestarke Jahre.