Verwerfungen an den internationalen Kapitalmärkten seit Anfang des Jahres haben erneut gezeigt, wie wichtig es ist, jederzeit einen guten Überblick über seine Vermögenswerte und – vielleicht noch wichtiger – seine Liquiditätssituation heute und in naher Zukunft zu behalten. Auch in dieser Hinsicht hat sich das Verhalten der Vermögenden verändert: Heute erwarten sie, dass ihr Family Office ihnen jederzeit Einblick in ihre Vermögenswerte, ihre Liquiditätsplanung und deren aktuelle Entwicklung gewährt.

Ersin Soykandar, Managing Director, FINVIA / Foto: Finvia
Viele Vermögensinhaber wollen sich zudem 24/7 über ihr Vermögen informieren, am Computer und mobil. Ein digitales Vermögenscontrolling ermöglicht vor diesem Hintergrund eine zeitnahe Einschätzung des Gesamtvermögens und der tatsächlichen Liquiditätsentwicklung, da nur Computer eine große Vielzahl an Daten sammeln und auswerten können. Ein digitales Vermögenscontrolling ist heute das zentrale Instrument zur strategischen Steuerung von Vermögen und Liquidität.
Das Vermögenscontrolling muss einen Rückblick bieten, damit Vermögensinhaber und ihre Family Offices beurteilen können, welche Vermögensklassen noch in die strategische Asset-Allokation passen und welche sie anders gewichten sollten. Dieser Rückblick ist die Grundlage dafür, die langfristigen Vermögensziele verfolgen zu können.
Gerade in diesen Zeiten, in denen viele Anlageklassen gleichzeitig neu bewertet werden müssen und sich die hieraus resultierenden Liquiditätsflüsse verändern, ist es wichtig, einen klaren Blick auf die langfristigen Ziele zu bewahren. Unter Umständen muss die Anlagetaktik geändert werden, um die strategische Asset-Allokation aufrechtzuerhalten oder um die Zahlungsfähigkeit sicherzustellen. Es gilt, sich nicht von Panik und Kurzsichtigkeit anstecken zu lassen, sondern den Blick auf die Gesamtvermögensstruktur aus der Vogelperspektive zu behalten. Oft relativieren sich Rückgänge im liquiden Bereich, wenn man diese im Gesamtkontext des angelegten Vermögens betrachtet, wie etwa Miet- oder Private-Equity-Erträge. Denn nichts gefährdet den Fortbestand des Vermögens so sehr wie eine Situation, in der Zahlungsverpflichtungen, zum Beispiel für Kredittilgungen oder Zahlungsverpflichtungen für getätigte Beteiligungen, die verfügbare Liquidität übersteigen. Die vielen verschiedenen Einflussfaktoren auch auf die Liquiditätsplanung können manuell kaum noch erfasst werden.
Sauberes Steuerreporting im Family Office
Vermögen sind heute sehr komplex. Sie sind nicht nur in Aktien, Anleihen, Investmentfonds oder Immobilien gebunden, sondern auch in Private-Equity-Fonds oder anderen Beteiligungen, die weder an einer Börse täglich bewertet noch bei einer Bank geführt werden. Zudem hat sich das Anlageverhalten verändert. Viele Vermögende unterhalten mehrere Bankverbindungen und diese oft über verschiedene Länder verstreut. Daneben müssen Vermögende, die Vermögenswerte innerhalb eines juristischen Mantels halten, die ordnungsgemäße Verbuchung ihrer Transaktionen im Sinne einer ordnungsgemäßen Buchführung und eines sauberen Steuerreportings sicherstellen und verantworten.
Diesen Anspruch zu erfüllen ist für ein Family Office nicht trivial. In einem effizienten Vermögenscontrolling müssen Daten über eine Vielzahl von Anlageinstrumenten erfasst werden, die bei den verschiedensten Banken und Datenlieferanten – oft auch international – abgerufen werden müssen. Diese gilt es zeitnah, detailliert und klug zu konsolidieren, damit Anleger eine aussagekräftige Übersicht zu ihrem Vermögen erhalten. Das geht nur mit Hilfe digitaler Technologie.
Hinzu kommt, dass der zunehmende Einsatz illiquider Investmentlösungen zum Beispiel aus dem alternativen Anlagebereich für (semi-) professionelle Investoren mit verändertem Reportingbedarf und Berichtspflichten einhergeht. Auch hier leistet ein digitales Controlling einen signifikanten Mehrwert, da es eine zeitnahe und präzise Auswertung ermöglicht. Dabei wäre es verfehlt, im Vermögenscontrolling eine Präzision von 100 Prozent zu fordern. Von größerer Bedeutung ist es, dass alle Seiten rasch beurteilen können, wie sich das Gesamtvermögen und die Liquiditätssituation vor allem in turbulenten Marktphasen entwickeln und ob einzelne Vermögenswerte in einem veränderten Umfeld noch zu ihrer Gesamtstrategie passen.
Ein gutes Reporting unterstützt vermögende Investoren dabei, stabiler und gefestigter in der Bewertung ihrer Vermögenssituation zu bleiben – und steht ihnen möglichst zu jeder Zeit parat. Wo früher rückwärtsgerichtete Berichtsbesprechungen mit deutlichem Zeitversatz eine Entscheidungsgrundlage bildeten, sind heute vorwärtsgerichtete Abstimmungen an jedem beliebigen Gerät möglich.