Der einstige Familienunternehmer Carl Otto Schill investiert sein Geld in Aktien. Das hat er schon als Student getan und ist an sich nicht weiter spektakulär. Das Besondere: Carl Otto Schill hätte an der Börse wohl nicht in das eigene Familienunternehmen investiert. Dabei war ihm das Unternehmen seiner Vorväter nicht fremd. Er trat sogar die Unternehmensnachfolge an und führte 25 Jahre operativ.
Von der Größe her gesehen hätte das Unternehmen Schill Malz ein passendes Target für Investor Carl Otto Schill sein können, denn er ist selbst im Small- und Mid-Cap-Bereich unterwegs. Aber die Branche, aus der das Unternehmen Schill stammt, wäre für Investor Carl Otto Schill ein klares K.-o.-Kriterium gewesen. Denn eine Mälzerei passt nun so gar nicht ins Portfolio des ehemaligen Geschäftsführers. „Mein Anlageuniversum dreht sich um wachstumsstarke europäische Mittelstandsunternehmen, die in den Nischen der Megatrends zu finden sind,“ sagt er. Da ist ein Zulieferbetrieb für die Brauereibranche fehl am Platz.
Carl Otto Schill verkauft das Familienunternehmen Schill Malz
Schon lange vor der Pandemie sank der Umsatz der Brauwirtschaft in Deutschland von 9,17 Milliarden Euro im Jahr 2000 auf zwischenzeitlich 7,65 Milliarden Euro 2013. Nach einer kurzen Erholungsphase in den Jahren 2018 und 2019, in denen die Umsatzzahlen wieder über 8 Milliarden lagen, erreichte die gebeutelte Branche 2020 mit 7,61 Milliarden ihren Tiefpunkt. Glaubt man den Voraussagen zum Bierkonsum der Deutschen, geht es weiter bergab.
Um die Zahlen in der Brauereibranche müssen sich die Gesellschafterfamilien des Unternehmens Schill seit 2011 nicht mehr kümmern. Mit Carl Otto Schill an der operativen Spitze entschieden sie sich, ihre Anteile an die australische GrainCorp Group zu veräußern. Damals lag der Umsatz des Familienunternehmens, das 1811 als Weingut begonnen hatte und 1859 zur Mälzerei geworden war, bei circa 67 Millionen Euro. Mit Tochterfirmen und Kooperationspartnern kam das Umsatzvolumen auf rund 135 Millionen Euro. Mehr war nicht drin, sagt Carl Otto Schill, der eine gespaltene Beziehung zum Familienunternehmen hat. „Wären wir in einer anderen Branche unterwegs gewesen, wäre ich wahrscheinlich heute noch Familienunternehmer. Aber in der Malzbranche war der Verkauf für unsere Gesellschafter und mich eher eine Befreiung.“
Studium, Großindustrie, Familienunternehmen
Wenn die Voraussetzungen so waren, warum ist er dann überhaupt im Unternehmen seiner Familie gelandet? Den Einstieg dort habe er eher als Pflicht angesehen, sagt Schill. Denn Carl Otto Schill ist nun mal seit seiner Studienzeit in Mannheim Investor. Während seines BWL-Studiums, dem eine Promotion folgte, war er Mitglied in diversen Investmentclubs. „Das direkte Investieren fand ich immer spannend und das hat mir ungemein Spaß gemacht,“ sagt er. Danach hatte es ihm die Großindustrie angetan und bei einem Chemiekonzern lockte eine langfristige Anstellung im Ausland.
Da kam sein Vater auf ihn zu. Das Unternehmen schlingere in ungewisse Zeiten, sagte der. Das Wachstum der Branche hatte sich schon Ende der achtziger Jahre abgeschwächt, zumindest für mittelständische Zulieferer, blickt Schill zurück. Im Ausland wurde zunehmend eine Buy-and-Build-Strategie gefahren, was für das Unternehmen Schill Malz bedeutete, nur noch an fünf Großkunden liefern zu können. Somit stieg deren Einkaufsmacht – und der Preisdruck. Darüber hinaus ist die Malzproduktion eine sehr zyklische und kapitalintensive Branche und das mit einem homogenen Massenprodukt in rückläufigen Märkten. Ein Marktumfeld, von dem Investor Schill die Finger lassen würde. „Schill war ein Sanierungsfall, als mein Vater mich ins Unternehmen holte“, sagt der ehemalige Geschäftsführende Gesellschafter.
Unternehmensanteile sind nichts mehr wert
Investoren treffen zumeist rationale und analytische Entscheidungen, Familienunternehmer nicht unbedingt: Carl Otto Schill folgte dem Ruf seines Vaters, obwohl ihm das Umfeld zu eng, die Branche zu speziell vorkam. Mit Ende 20 wurde er Geschäftsführer des Unternehmens – als persönlich haftender Gesellschafter. Das Risiko in dieser Rechtskonstellation würde er heute nicht mehr auf sich nehmen, sagt er. Aber damals sei er verklärter gewesen und war überzeugt, mit Wissen aus Marketing, Vertrieb und Finanzen dazu beitragen zu können, dass sich Schill Malz wieder positiver entwickelte.
Wie bei vielen Unternehmen stand die Generation nach dem Krieg für technisches Kalkül und Verständnis für Produkte, aber weniger für Strategie und kaufmännische Themen. „Mein Vater war ein Techniker, kein BWLer“, sagt Carl Otto Schill. In den folgenden zwei Jahrzehnten stellt er zusammen mit einem familienfremden Geschäftsführer und schließlich auch mit seinem jüngeren Bruder das Unternehmen auf stabile Säulen.
Das gelang auch in Verbindung mit Carl Otto Schills eigenen Erfahrungen aus dem Kapitalmarkt. Denn Schill Malz kooperierte nicht nur mit Malzunternehmen, sondern fusionierte und übernahm Targets, um Wachstum der Unternehmensgruppe zu generieren. Bei der Unternehmensbewertung und Due Diligence ließ er das einfließen, was er schon bei seinen privaten Investments an den Tag legte. So sei die Malz-Gruppe marktführend in Deutschland und Polen geworden. Neben den beiden Märkten habe sein Unternehmen zudem eine allgemein starke Position im Export erreicht, blickt Schill zurück..
Gehen, wenn es am schönsten ist
Ähnlich pragmatisch gehen er und seine Mitgesellschafter 2010 schließlich den Verkauf des Familienunternehmens an. Von Emotionen lässt sich Carl Otto Schill nicht leiten, wenn es um Investitionen geht. An der Börse nicht, aber auch im eigenen Familienunternehmen nicht. „Wir hätten zu keinem Zeitpunkt einen höheren Preis bekommen als in dieser Phase. Der Verkauf war der Gipfel einer temporär guten Marktlage unseres Unternehmens.“ Man solle gehen, wenn es am schönsten ist, ergänzt Schill. Die Situation habe den Verkauf förmlich gefordert. Das sahen die anderen circa 20 Miteigentümer genauso. Denn die Jahre der Stabilisierung
und der Expansion des Geschäfts hatten Kraft und auch Ausschüttung gekostet.
Mit anderen Investments könne man besser für die kommenden Generationen sorgen, gab Carl Otto Schill den Familienmitgliedern mit. Einziger Wermutstropfen sei, dass er mit den anderen Familienstämmen nun weniger zu tun habe, weil das gemeinsame Projekt „Familienunternehmen“ Geschichte sei.
Und so ist Carl Otto Schill nach seinen 25 Jahren an der Spitze des Familienunternehmens wieder da, wo er schon als Student war: am Aktienmarkt. Und dort geht er die nächsten Schritte.
Er hat seine privaten Investments bereits seit 2008 in der Schill Holding GmbH gebündelt. Aus einem bestimmten Grund: „Innerhalb der Holding zahlen wir weniger Steuern, wenn wir nach Wertsteigerung verkaufen und dann reinvestieren. Ich möchte ein Modell haben, das es mir erleichtert, den Return wieder zu nutzen.“ Steuern zahle er gern beim Konsum, aber den Zinseszinseffekt wolle er sich beim Investieren nicht entgehen lassen.
Nach dem Verkauf des Unternehmens entwickelt sich seine Holding gewissermaßen zu einem Family Office für seine enge Familie. Dort wirtschaftet und investiert Carl Otto Schill, er ist in seinem Element. Der Schwerpunkt sind europäische Mittelstandsunternehmen mit hohen Wettbewerbsvorteilen. „Heute können wir uns aus einem Universum von 5.000 Unternehmen die Besten aussuchen,“ sagt Schill. Und das Wissen teilt er nun mit anderen. Er setzt zusammen mit seinem Geschäftspartner Stephan Müller 2015 einen Investmentfonds auf.
Fremdes Geld investieren – schwerer als gedacht
Und in diesem Fonds wirbt er mit Ansätzen aus der Welt der Familienunternehmen – eben jener Welt, die ihm zumindest anfänglich zu eng vorkam: Keine Spekulation an den Märkten, langfristiges Halten von Unternehmensbeteiligungen, keine Indizes des Kapitalmarktes als Benchmark. Schill erklärt es so: „Wir agieren, als wären wir nicht mit einigen Prozenten am Unternehmen beteiligt, sondern als würden wir das Unternehmen voll besitzen. So reichen unser Horizont und unsere Unternehmensbewertung über das hinaus, was kurzfristige Unternehmensereignisse über die Zukunft aussagen könnten.“
Trotz seiner Erfahrung war das Investieren von fremdem Geld dann doch nicht so einfach wie gedacht. Er habe das lernen müssen, sagt Carl Otto Schill. „Ich habe im Fonds risikoaverser agiert als mit meinem
eigenen Geld, weil ich die Verantwortung mehr gespürt habe und keine Fehler machen wollte.“
Nicht geholfen habe hierbei, dass einige der Anleger zu Beginn auch nicht die Langfristigkeitsdenke an den Tag gelegt hätten. Einige hätten fast täglich angerufen, um über Aktienkurse und Entwicklungen zu sprechen. Da musste Schill bremsen. „Ich sage dann immer, wenn ihr das Geld in den nächsten fünf Jahren nicht braucht, dann seid ihr bei uns richtig.“
Ob Carl Otto Schill dann den richtigen Zeitpunkt für einen Exit findet, wird sich zeigen. Fest steht, dass er seine Entscheidungen dann analytisch und pragmatisch treffen wird. Denn wer es schafft, ein Familienunternehmen zu verkaufen, das Generationen überstanden hat, der lässt sich vom Small- und Mid-Cap-Bereich an der Börse nicht so einfach aus der Ruhe bringen.