Frauen in Führungspositionen: Herbstbericht der Allbright-Stiftung

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Die Allbright- Stiftung setzt sich für mehr Diversität in den Führungspositionen in der deutschen Wirtschaft ein. Jedes Jahr veröffentlicht sie im Herbst einen Bericht, der den aktuellen Stand der weiblich besetzten Führungspositionen abbildet. Die Daten entnimmt die Stiftung öffentlich zugänglichen Quellen wie den Webseiten, Geschäftsberichten und Pressemitteilungen der Unternehmen. Zeitraum der Erhebung ist immer von September bis September.

Der im November 2025 erschienene Bericht zeichnet ein Bild des Stillstands: Die Entwicklung stagniert, und zwar auf niedrigem Niveau. 160 Unternehmen sind in Deutschland in den vier großen Börsenindizes notiert, davon haben nur 6 eine weibliche Vorstandsvorsitzende. Und die Zahl weiblicher Vorstandsvorsitzender ist zudem im Vergleich zum Vorjahr von sieben auf sechs gesunken. Von diesen sechs Unternehmen unter weiblicher Führung kann übrigens eines als Familienunternehmen gelten: Merck ist überwiegend in Familienhand, obwohl ein Teil der Aktien frei handelbar ist.

Die berühmte Gläserne Decke wird beim Blick in die Zahlen des Berichts deutlich sichtbar: Je höher die Führungsposition, desto weniger Frauen. Bei den Vorstandsvorsitzenden sind es anteilig 3,8 Prozent, bei Aufsichtsratsvorsitzenden 10 und bei Vorstandsmitgliedern annähernd 20 Prozent. Immerhin 37 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder der 160 untersuchten Unternehmen sind weiblich. Bei den DAX40 sind es 10 Prozent weibliche Vorstandsvorsitzende, also etwas mehr als beim Durchschnitt. 

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Diese Unterschiede sind vor allem durch Neuberufungen entstanden: Zwischen 2024 und 2025 gaben 106 Vorstände ihr Mandat ab; fünf dieser Mandate fielen ersatzlos weg. Die 101 freigewordenen Stellen wurden von 81 Männern und 20 Frauen besetzt. Acht dieser Frauen besetzten den Posten als CFO, vier wurden HR-Chefin. Als CEO wurde keine Frau berufen. Ganz anders bei den Männern: 7 der 81 (9 Prozent) wurden Vorstandsvorsitzender.

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Die Allbright-Stiftung begründet das mit der Krisenstimmung in der deutschen Wirtschaft, auf die mit Risikoaversion reagiert wird: In Krisenzeiten neigen Entscheider dazu, sich auf Altbewährtes zu verlassen, so die Autoren des Berichts. Dazu passt, dass es sich bei den neu berufenen Frauen zur Hälfte um „Eigengewächse“ der Unternehmen handelt. Im Vorjahr wurden noch 65 Prozent der weiblichen Vorstände extern rekrutiert.

Ebenfalls schlüssig scheint, dass die Vorstände in deutschen Unternehmen dazu neigen, sich gleichsam selbst zu reproduzieren. Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Ausbildungsort und Inhalt der Ausbildung sind bei den im Jahr 2024/2025 berufenen Vorständen im Schnitt fast exakt dieselben wie bei denen, die bereits in den Vorständen sitzen. 80 Prozent der deutschen Vorstandsmitglieder sind männlich, ebenso wie 80 Prozent der neu hinzugekommenen Vorstände. Nur das durchschnittliche Geburtsjahr unterscheidet sich minimal: Schon besetzte Vorstände sind 1971 geboren, die neu hinzugekommen im Schnitt 1974. Die überwiegend männlichen Wirtschaftswissenschaftler Mitte Fünfzig aus Westdeutschland ersetzen sich also durch eine etwas jüngere Version ihrer selbst.

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Um diese Ähnlichkeit herauszustellen, erhebt die Allbright-Stiftung auch jedes Jahr die Vornamen der Vorstandvorsitzenden im Amt. Aktuell gibt es 10 Vorstandsvorsitzende, die mit Vornamen „Christian“ heißen – dem Spitzenreiter unter den Männervornamen in Deutschland von 1974 an bis in die Achtziger Jahre hinein. Es gibt also aktuell mehr „Christians“ als Frauen in den Top-Führungspositionen in der deutschen Wirtschaft.

Hat an der Uni Bamberg Germanistik, Philosophie und Kommunikationswissenschaften studiert. Zuvor arbeitete sie als Redakteurin am Zukunftsinstitut von Matthias Horx. Bei dem Magazin brand eins in Hamburg entdeckte sie ihre Liebe zum Wirtschaftsjournalismus, der sie seit März 2023 beim wir-Magazin frönen darf.