Florian Schauenburg führt die Beteiligungsholding Schauenburg International seit 17 Jahren. Gut 30 Firmen mit spezialisierten Nischentechnologien bilden das Portfolio und wachsen kontinuierlich. Die Folgen der Finanzkrise 2009 beeinträchtigten die Entwicklung kaum. Das ist in der Corona-Rezession anders.

Family Equity – neuerdings wird gern das angelsächsisch bezeichnet, was Familie Schauenburg seit mehr als 50 Jahren praktiziert: durch Zukäufe von Firmen eine Beteiligungsholding aufbauen, die dauerhaft über Generationen hinweg Bestand haben soll. „Wir sind eine Art Hybridorganisation: Familienunternehmen und Investor zugleich“, beschreibt Florian Schauenburg (50), Geschäftsführender Gesellschafter von Schauenburg International, das Selbstbild der Familie. Sein Vater Hans-Georg Schauenburg hatte in den sechziger Jahren in Mülheim an der Ruhr begonnen, kleine, mittelständische Firmen zu erwerben, und war frühzeitig weltweit unterwegs. Ende der sechziger Jahre gab es bereits Standorte in den USA, Kanada und Südafrika.

Im Jahr 2003 entschied sich der heute 103 Jahre alte Gründer mit seinen beiden Söhnen, das Unternehmen zu teilen. Aus der Unternehmensgruppe gingen zwei unabhängige Konzerne hervor: die Schauenburg International GmbH und die Schauenburg Technology SE, deren Geschäftsführender Gesellschafter Florians Bruder Marc Schauenburg ist. „Wir sind zwei Brüder, sind Betriebswirte und haben beide unsere eigenen Vorstellungen“, sagt Florian Schauenburg. „Die Aufteilung war eine kluge Entscheidung.“

Rein in die Nische

Florian Schauenburg führt heute gemeinsam mit seinem Co-Geschäftsführer Joachim Simon etwa 30 internationale Firmen. Der Umsatz von Family-Equity-Investor Schauenburg International liegt bei etwa 300 Millionen Euro, die Mitarbeiterzahl bei rund 2.000. Das Investmentprofil ist klar: Auf Nischentechnologien müssen die Firmen spezialisiert sein und möglichst eine führende Position innehaben, ihr Geschäft sollte sehr rentabel sein. Die Umsätze der erworbenen Firmen bewegen sich meist zwischen 5 Millionen und 40 Millionen Euro, die EBIT-Margen liegen im Durchschnitt bei mindestens 10 Prozent. Schauenburg erwirbt in der Regel mindestens 75 Prozent der Unternehmensanteile und investiert bei einer Transaktion zwischen 5 Millionen und 50 Millionen Euro. Das Geschäft muss industriell skalierbar sein, bevorzugt werden inhabergeführte Mittelständler mit einer starken Führungsmannschaft. Diese sollte möglichst an Bord bleiben – und auch Anteile besitzen. „Das unternehmerische Element in unseren Beteiligungen ist essentiell“, sagt Schauenburg. „Sonst wären wir nicht erfolgreich, davon bin ich überzeugt.“

Das Portfolio des Family-Equity-Investors wächst stetig. In den vergangenen 15 Jahren hat sich der Umsatz verdreifacht. Schauenburg International versteht sich als „strategischer Mitgestalter“, nicht als Investor, der auf einen Exit hinarbeitet. „Wir leben von der Ertragskraft.“ Einmal im Monat laufen die Zahlen beim Controlling in Mülheim an der Ruhr zusammen, es gibt zusätzlich ein Reporting einmal im Quartal. „Von den 30 Firmen läuft es im Durchschnitt bei zwei bis drei Firmen nicht so glatt. Das können wir in der Gruppe und gemeinsam mit dem betroffenen Management gut steuern und lösen.“

Pro Jahr erwirbt die Gruppe im Schnitt ein bis zwei Unternehmen. Das hat sich trotz der derzeit hohen Liquidität im Markt und der dadurch extrem hohen Unternehmensbewertungen nicht geändert. „In den vergangenen zehn Jahren haben sich die EBIT-Multiples verdoppelt“, sagt Florian Schauenburg. Ein Markttrend, dem sich Schauenburg International zwar nicht beugen möchte, aber dennoch nicht entziehen kann. „Für die beiden Deals im Jahr 2019 haben wir hohe Multiples akzeptiert. Im Gegensatz zu Finanzinvestoren haben wir aber keinen Druck, wir können die Amortisationszeit ohne Weiteres in die Länge ziehen.“ In den vergangenen Jahren kalkulierte das Familienunternehmen mit etwa sieben Jahren. „Heute können es auch zehn Jahre oder mehr sein.“

Bis es zu den ein bis zwei Transaktionen kommt, laufen jährlich gut 200 potentielle Zielunternehmen über Florian Schauenburgs Schreibtisch, bei drei bis fünf davon gibt es eine Due-Diligence, die Schauenburg mit Ausnahme von Tax und Legal häufig in Eigenregie macht. Um die besten Firmen für sich zu gewinnen, arbeitet ein kleines Team von rund sieben Leuten in der Unternehmensentwicklung und recherchiert Markt- und Technologienischen. Diversifikation lautet die Logik, die hinter der Portfoliostrategie steckt, um unabhängig von Branchen- und Konjunkturzyklen zu sein: Im Portfolio befinden sich Firmen aus der Kunststoffverarbeitung, der Elektronik, der Industrietechnik und des Engineerings: Hersteller von Laboranalytik, Sicherheitstechnik, Robotik und Automatisierung, Umwelttechnik und industriellen Kunststoffprodukten sowie Firmen aus dem Maschinen-, Anlagen- und Apparatebau.

Diese Diversifikation hat Schauenburg International bereits durch die Finanzkrise 2008 und 2009 getragen. „Wir hatten kaum unter Umsatzeinbußen zu leiden“, blickt Florian Schauenburg zurück. Die Folgen der aktuellen Pandemie und der weltweiten Rezession werden härter und folgenreicher sein, ist er sich sicher. „Ich rechne mit Umsatzeinbußen von 30 und mehr für Teile unserer Gruppe.“ Nicht alle, aber die meisten Firmen sind von dem steilen Absturz betroffen und teils in Kurzarbeit. Kleinere Zwischenfinanzierungen können durch die Gruppe gestemmt werden. Grundsätzlich gilt aber: „Jede einzelne Gesellschaft ist finanziell solide aufgestellt und versucht aus eigener Kraft, die Situation zu stemmen.“ Besorgt ist Florian Schauenburg eher um die Auslandsstandorte in den USA, Großbritannien oder Südafrika zum Beispiel, wo es einen kompletten Lockdown gab und gar nichts mehr ging. „Dort wird es teils auch länger dauern, bis sich die Lage wieder normalisiert“, befürchtet er.

Durchhalten in der Rezession

Derzeit ist Florian Schauenburg hin- und hergerissen zwischen Optimismus und Pessimismus. Der Kapitalmarkt habe sich vorerst relativ schnell gefangen, die deutschen Unternehmen seien insgesamt gut aufgestellt, sagt er. Allerdings fürchtet er die langfristigen Folgen durch die Investitionszurückhaltung, die Brüche in den Lieferketten und die hohe Verschuldung in Deutschland und Europa. „Der Preis ist hoch, den wir zahlen, finde ich.“ Mit einer Eigenkapitalquote von mehr als 50 Prozent ist Schauenburg International in einer guten Ausgangslage. Aber: „Der Faktor Zeit wird jeden Tag wichtiger“, sagt Florian Schauenburg.

Freude bereiten Florian Schauenburg derzeit die Family-Equity-Venture-Aktivitäten. „Meine Lernkurve ist erfrischend“, sagt er und versichert, dass die Venture-Investments, darunter in drei junge Firmen und in zwei Tech-Fonds, keine Spielwiese sind, um einfach „dabei zu sein“. Die Technologie, in die investiert werde, müsse im bestehenden Portfolio strategisch anwendbar sein. Ein Beispiel ist das junge Portfoliounternehmen WeAre, ein Anbieter von VR-Engineering und Konferenzen, über die virtuell an 3-D-CAD-Objekten gearbeitet werden kann, also direkt in einer Maschine oder Anlage. Dass die Pandemie gerade diesem Unternehmen in die Hände spielt, konnte Florian Schauenburg nicht ahnen. Dennoch ist Florian Schauenburg klar: „Das Risiko im VC-Markt ist sehr hoch. Das widerspricht unserer angestammten Firmenphilosophie, in der solide Firmen im Mittelpunkt stehen. Unser Portfolio mit VC verlangt uns eine gespaltene Persönlichkeit ab.“

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