Das wir-Magazin hat erneut Unternehmerfamilien zum Erhalt ihres Vermögens befragt, dieses Mal lag der Schwerpunkt des wir-Barometers auf der Inflation und auf einzelnen Asset-Klassen. Ein Ergebnis: Die Vermögensinhaber reagieren gespalten in ihren Investitionsentscheidungen. Während die eine Hälfte ihre strategische Asset-Allokation bereits an die Inflationsentwicklung angepasst hat, wartet die andere Hälfte im Jahr 2022 erst einmal ab.

Die Inflationsentwicklung hält die Marktakteure seit dem vergangenen Jahr in Atem, die Unsicherheit bleibt weiterhin groß. Einigkeit darüber, mit welchen Inflationsraten und Zinsänderungen gerechnet werden kann, gibt es nicht. Das zeigt auch das Ergebnis des wir-Barometers unter Unternehmerfamilien: 54 Prozent haben ihre strategische Asset-Allokation an die Inflationsentwicklung bereits im vergangenen Jahr angepasst oder wollen dies im Jahr 2022 tun. Dagegen planen 40 Prozent, keine Änderungen vorzunehmen. Hervorzuheben sind dabei die Antworten auf die Frage, wie groß das Vertrauen der Befragten in die Europäische Zentralbank EZB ist. Fast jeder Fünfte hat gar kein Vertrauen in die europäischen Währungshüter, etwas mehr als jeder Dritte wenig Vertrauen.

Der Großteil der Personen, die an dem Barometer des wir-Magazins teilgenommen haben, stammt aus langlebigen Familienunternehmen. 28 Prozent sind Vertreter der fünften Generation, 20 Prozent der vierten, 22 Prozent der dritten und 14 Prozent der zweiten Generation. Mit 94 Prozent sind fast alle Befragte Gesellschafter mit operativer Funktion oder Gremienfunktion.

Das Familienvermögen ist bedroht

Die unterschiedlichen Reaktionen der Vermögensinhaber auf die Inflation haben verschiedene Gründe. Einer davon ist, dass Volkswirte und Unternehmer die Preisentwicklungen anders beurteilen und wahrnehmen. „Viele Volkswirte sehen die derzeit hohe Inflationsrate von 5 bis 6 Prozent in den gestiegenen Energiepreisen begründet und als temporär an. Sie rechnen für das Jahr 2023 mit einer Rate von 2 Prozent“, sagt Achim Siller, Leiter Portfoliomanagement bei Pictet Wealth Management. „Unternehmer dagegen schätzen das anders ein: In der Papier- und Verpackungsindustrie explodieren die Preise derzeit beispielsweise um bis zu 25 Prozent, in der Baustoffindustrie um bis zu 35 Prozent. Einige können die höheren Preise durchreichen, andere nicht.“

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Das Kurzbarometer des wir-Magazins in Kooperation mit Ipontix Corporate Finance und Pictet fand im Februar statt, vor Kriegsbeginn in der Ukraine, so dass die Reaktionen auf den Krieg sich nicht in den Ergebnissen widerspiegeln. Gleichwohl sahen die Befragten schon zu diesem Zeitpunkt geopolitische Konflikte als den zweitgrößten Risikofaktor, der den Erhalt des Familienvermögens bedroht (46 Prozent). Nur die Gefahr durch eine Erhöhung der Abgaben und Steuern stufen die Befragten noch höher ein (64 Prozent). Auf Platz drei und vier der Bedrohungen finden sich die abnehmende Bedeutung Europas im Wettbewerb um die besten Zukunftstechnologien sowie der Populismus und die Spaltung der Gesellschaft in den industrialisierten Ländern.

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Das wir-Magazin fragte auch nach den Aktivitäten der Unternehmerfamilien in verschiedenen Asset-Klassen und ihren Einschätzungen zu den Krypto- und Immobilienmärkten sowie zum Markt für Direktbeteiligungen. 10 Prozent der Befragten sind in Kryptowährungen investiert, der weitaus größte Teil (82 Prozent) ist allerdings weder investiert noch plant er, sich in dieser Asset-Klasse zu engagieren. Der Immobilienmarkt, in dem traditionell viele Unternehmerfamilien investiert sind, wird sehr unterschiedlich eingeschätzt. Zwei Drittel der Befragten rechnen nicht mit einem Platzen der Immobilienblase und erwarten höchstens regionale Anpassungen. Ein Viertel glaubt, dass die Blase platzen wird: 22 Prozent erwarten Wertkorrekturen von bis zu 25 Prozent, 2 Prozent der Befragten sogar von bis zu 50 Prozent.

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Auch bei der Asset-Klasse Direktbeteiligung ergibt sich ein differenziertes Bild: Gut ein Fünftel investiert hier gar nicht. Ausschließlich mit einer Mehrheit beteiligt sich ein Viertel der Befragten direkt an Firmen, ein Fünftel beteiligt sich sowohl mehrheitlich als auch mit einer Minderheit. Ein Drittel der Befragten (32 Prozent) – also die meisten –, die in den Markt für Direktbeteiligungen investieren, halten ihre Beteiligungen zwischen sechs und zehn Jahre. 10 Prozent planen mit elf bis zwanzig Jahren und 26 Prozent halten ihre Beteiligungen dauerhaft.

Wie reagiert die EZB auf wenig Vertrauen?

Der Markt für Direktbeteiligungen dürfte weiterwachsen, weil die Nachfrage in reale Assets insgesamt steigt. Viele Unternehmerfamilien sind hier bereits investiert und wollen ihr Engagement ausbauen. Der Zeitpunkt scheint günstiger als in den vergangenen zwei bis drei Jahren, weil der Druck auf die Preise gesunken ist. „Wir haben den Scheitelpunkt bei den Unternehmensbewertungen erreicht. Diese bleiben dennoch weiterhin eine Herausforderung, und Familienunternehmer sollten daher Auktionen meiden, weil Finanzinvestoren häufig bereit sind, höhere Preise zu bezahlen“, sagt Dr. Elmar Jakob, Geschäftsführender Gesellschafter bei Ipontix.

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Unternehmerfamilien bringen für Direktbeteiligungen Erfahrung und Know-how aus der Führung des eigenen Unternehmens mit. Die Steuerung eines Beteiligungsportfolios erfordere allerdings weitere Expertisen, so Jakob. Dazu gehöre unter anderem auch, Governance-Strukturen zu etablieren sowie ein Regelwerk mit Maßnahmen zu erarbeiten, die bei plötzlich auftretenden Ereignissen greifen. „Manchmal tritt Unvorhergesehenes auf und es muss schnell reagiert werden. Exogene Marktschocks gehören ebenso dazu wie ein plötzlicher Krankheitsfall in der Geschäftsführung.“

Auch die veränderte Situation an den Kapitalmärkten bringt neue Herausforderungen für Vermögensinhaber mit sich. Achim Siller von Pictet erwartet, dass die EZB versuchen wird, die Zinsen innerhalb der Euro-Zone nicht auseinanderdriften zu lassen, damit sich die Schere zwischen den Renditen nicht weiter öffnet. Das bedeutet aber: „Der Zins wird unter der Inflation bleiben. Anleihen werden weiterhin Geld kosten, real werden Anleger in diesem Bereich also Geld verlieren“, sagt Siller und folgert: „Anleger werden sich auf längere Anlagehorizonte mit höheren Aktienquoten einstellen oder aber mehr in Immobilien, Private Equity und Unternehmensbeteiligungen investieren müssen.“ Unternehmerfamilien dürften sich mittlerweile mit diesen Szenarien auseinandersetzen. Immerhin gaben 42 Prozent der Befragten den realen Werterhalt als langfristiges Anlageziel an. Weit abgeschlagen steht mit 24 Prozent das Ziel, eine relative Rendite im Vergleich zu einer Benchmark zu erreichen.

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