Start-up-Beteiligungen und Immobilienprojekte, Fondsanteile und Sozialunternehmen – die Wege ins Impact-Investing sind zahlreich. Drei Beispiele von Unternehmerfamilien zeigen, wie sich Vermögen sinnstiftend und mit Rendite anlegen lässt. Das Wichtigste aus ihrer Sicht: einfach mal anfangen.

Nischen haben die Eigenart, nur von wenigen Marktteilnehmern wahrgenommen zu werden. Und doch tragen sie häufig das Potential für eine breitere Relevanz in sich. So ist es auch mit dem sogenannten Impact-Investing, der Auswahl von Investitionen gemäß ihrer sozialen, ökologischen oder gesellschaftlichen Wirkung. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group flossen 2019 lediglich 0,7 Prozent des professionell verwalteten Anlagevermögens in Anlagen mit Impact-Charakter. Doch der Sektor gewinnt zunehmend an Dynamik. Denn immer mehr Single Family Offices und private Investoren beschäftigen sich mit der Möglichkeit, ihr Kapital gesellschaftlich sinnvoll wirken zu lassen. Treibende Kraft ist häufig die Nachfolgegeneration, die sich emotional und unternehmerisch mit dem Kampf gegen Klimawandel und soziale Ungerechtigkeit identifiziert. Die Kontroversen mit den Family Officern, die nach jahrelang bewährten Prinzipien investieren, sind programmiert.

Manche Nachfolger legen daher einfach selbst los, um sich langwierige Diskussionen zu sparen. So wie Patrick Knodel: Der 37-Jährige hat 2016 eine Stiftung gegründet, die mit Spendengeldern Sozialunternehmen unterstützt. Knodel möchte aber zeigen, dass es auch möglich ist, eine Wirkung für die Gesellschaft zu erzielen – mit Kapital, das über Investitionen vermehrt werden soll. Dafür leiht er sich Geld aus dem Familienunternehmen, das innerhalb von 14 Jahren wieder komplett zurückgeflossen sein muss. Die Rendite darf Knodel behalten, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren – so lautet die Vereinbarung mit seinem Vater Reinhold Knodel, Inhaber des Immobilienentwicklers Pandion mit Sitz in Köln, der rund 200 Mitarbeiter beschäftigt und 2020 Umsatzerlöse von rund 328 Millionen Euro erzielte.

Ohne Wissen rein ins Impact-Investing

Mit seiner Gesellschaft PANDION INNOVATION for IMPACT GmbH ist Patrick Knodel derzeit in 14 Start-ups investiert, die er ohne starre Kriterienliste selbst auswählt. „Ich bin ohne Hintergrundwissen in den Venture-Sektor gestartet, bewerte also Geschäftsmodelle nach gesundem Menschenverstand und dem Gründerteam“, gibt sich der studierte Betriebswirtschaftler zuversichtlich. „Und ich lerne ständig dazu.“ Sein Fokus liegt auf dem globalen Süden sowie dem inhaltlichen Ziel einer Kreislaufwirtschaft. „In Afrika, Asien und Lateinamerika tätige Unternehmen erzielen schneller eine reale Wertsteigerung, weil die Grundbedürfnisse vor Ort häufiger unbefriedigt sind. In Europa und den USA hingegen werden zunehmend unnütze Modelle mit hohen Bewertungen aufgeblasen, nur um Investoren zu gewinnen“, findet Knodel. Auch der Impact, den Investitionen erzielen können, sei beispielsweise im ländlichen Mali ungleich höher als in der Stuttgarter Innenstadt.

Um junge Unternehmen zu finden, in die er investieren kann, hat Knodel sich ein breites Netzwerk aufgebaut. Über Start-up-Verbände, die Stiftung Verantwortungseigentum und auf Veranstaltungen verfolgt er regelmäßig, was in der Szene passiert, liest sich in Businesspläne ein und führt virtuelle Gespräche mit Gründern. Unter Impact-Investoren gebe es weniger Konkurrenzdenken, man mache sich gegenseitig auf gute Möglichkeiten aufmerksam und tausche sich offen aus, lobt er. Einmal hätte ein Medizintechnik-Start-up in Ruanda auch ihn gefunden: „Der Gründer hat auf LinkedIn gesehen, wie ich über meine andere Afrika-Beteiligung schreibe, und hat mich dann kontaktiert. Ich scheine das mit dem Impact ernst zu nehmen und nicht nur nach Rendite zu rufen, schrieb er, und ob er mir sein Geschäftsmodell vorstellen dürfe.“ Knodel sieht diese Kontaktaufnahme als Bestätigung, dass es ihm gelungen ist, als Impact-Investor ein Alleinstellungsmerkmal aufzubauen, eine USP. „Die braucht man, um als Einzelperson an gute Deals zu kommen. Zwischen den ganzen großen Playern ist das nicht einfach.“

Noch hat Knodel keine seiner Beteiligungen verkauft, ergo keine Rendite erzielt. Aber bei all seinen Finanzierungen hat er ein gutes Gefühl. „Natürlich wird es auch Pleiten geben. Unter dem Strich ist jedoch eine marktübliche Internal Rate of Return von 15 Prozent das Ziel. Gründer von Unternehmen mit Impact scheinen generell weniger zu zocken als Unternehmer ohne Impact im Geschäftsmodell, weil es ihnen um ein größeres Ziel als eine hohe Bewertung geht, nämlich um positive Veränderung.“

„Eigentlich ist der Beweis längst erbracht, dass Impact-Investing die gleichen Renditen erwirtschaften kann wie herkömmliche Investitionen“, sagt Ralph Suikat. Der 56-jährige Karlsruher ist doppelt im Impact-Investing aktiv, einmal mit eigenem Kapital und einmal mit einem eigenen Multi Family Office. 2016 verkaufte Suikat seine Anteile an der von ihm mitgegründeten STP Informationstechnologie AG. Das Unternehmen beschäftigte zu diesem Zeitpunkt rund 150 Mitarbeiter und erzielte einen Jahresumsatz von über 25 Millionen Euro. Schon damals wusste der Unternehmer, dass er das erlöste Kapital so anlegen wollte, dass es ökologischen und/oder sozialen Mehrwert liefert. Seine Suche nach einem Family Office, das sich im Impact-Investing auskannte, lief jedoch ins Leere: „Alle wirkten erstmal so, als hätten sie Ahnung. Als sie mir Vorschläge für mein Portfolio zusammenstellten, waren darin aber zu viele Unternehmen, die aus meiner Sicht eher Schaden als Gutes in der Welt anrichten“, zeigt Suikat sich auch Jahre später noch enttäuscht.

Fokus auf Venture-Finanzierung zu riskant?

Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Johannes Knorz entschied Suikat daraufhin, sich selbst des Themas anzunehmen. In einem Single Family Office mit dem Namen 4L Vision – vier L für live, love, learn, leave a legacy – bündelte Suikat sein eigenes Vermögen. Außerdem übernahm er mit Knorz ein Multi Family Office, das sie zu 4L Capital umfirmierten und mit dem sie ausschließlich Impact-Investing anbieten. Mehr als 20 Familien haben 4L Capital mittlerweile mit der Verwaltung ihres Vermögens beauftragt. Das Schwerpunktthema ihres Portfolios legen sie jeweils selbst fest, etwa die Bekämpfung des Klimawandels oder die Entwicklung des Gesundheitssektors. Suikat und Knorz stellen dann die passenden Beteiligungen oder Fonds zusammen. „Unser Anspruch ist, keinen Abschlag auf die Rendite hinzunehmen, um Impact zu erzielen. Und das gelingt uns auch“, sagt Suikat. Die verwalteten Portfolien liegen im Dreijahresdurchschnitt im zweistelligen Bereich und damit über dem marktüblichen Plus von 6 bis 8 Prozent.

Regelmäßig gehen bei 4L Vision auch Anfragen anderer Single Family Offices ein, die sich gerade im Impact-Sektor orientieren. Für Suikat ist das ein Zeichen, dass das Investieren mit Wirkung auf dem Weg aus seiner Nische heraus ist. Im vergangenen Jahr haben er und Knorz außerdem einen Publikumsfonds aufgelegt. „Ebenso wie bei jeder Venture-Finanzierung muss man sich als Impact-Investor anfangs überlegen, welches Risiko man eingehen möchte. Wenn ich mein eigenes Geld investiere, entscheide ich häufiger aus dem Bauch heraus, wenn mich ein Geschäftsmodell und die Gründer überzeugen. Unseren Kunden bei 4L Capital empfehlen wir hingegen im Bereich Direktbeteiligung in der Regel eine breitere Streuung. Mittlerweile gibt es auch sehr interessante Impact-Venture-Capital-Fonds, die wir aus voller Überzeugung empfehlen“, beschreibt er.

Dagmar Nixdorf findet, der Impact-Investing-Sektor leide unter dem Fokus auf Beteiligungsfinanzierung, eben weil dies eine so riskante Asset-Klasse ist. „Auch für die Skalierbarkeit braucht es eine breitere Investitionsstrategie“, sagt sie. Die Nichte und Erbin des Computerpioniers Heinz Nixdorf hat daher eine Gesellschaft gegründet, die Impact-Fonds unterschiedlicher Asset-Klassen strukturiert. Zu ihnen gehören Immobilien ebenso wie Aufforstungsprojekte. Die Ideen für die Fonds stammen bislang meist von Expertenteams, die auf NIXDORF Kapital zukommen. Für das Fachliche hat Nixdorf drei Impact-Experten gewonnen, die nun den Vorstand ihrer Gesellschaft bilden.

„Im Grunde ist Impact-Investing nichts anderes, als was Unternehmerfamilien schon immer getan haben, was auch meinem Onkel wichtig war“, sagt Fonds-Expertin Nixdorf. Es gehe um wertebasiertes Unternehmertum, darum, Verantwortung zu übernehmen innerhalb der Gesellschaft. „Das ist ohnehin Teil der DNA vor allem mittelständischer Unternehmen. Wer das versteht, verliert die Berührungsängste zum Impact-Investing.“ Auch ihr eigenes Vermögen hat Dagmar Nixdorf komplett über NIXDORF Kapital investiert.

Einheitliche Standards fehlen, aber es gibt Siegel

Je mehr Impact-Investing aus seiner Nische wächst, desto mehr leidet ironischerweise dessen Glaubwürdigkeit. Noch immer gibt es keine einheitlichen Standards zur Impact-Definition, jeder Impact-Investor definiert die angestrebte Wirkung seiner Investitionen anders. Auch Fondsanbieter, die ihre Portfolios mit „Impact“ bewerben, müssen meist keine festgelegten Anforderungen erfüllen. Eine Ausnahme gibt es lediglich für Fonds nach Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung. Ihre Anbieter müssen nachweisen, dass sie eine Nachhaltigkeitswirkung anstreben oder ein explizites Nachhaltigkeitsziel verfolgen. Je mehr Investoren diese Wirkung einfordern oder nach Impact suchen, desto häufiger taucht daher das Schlagwort „marketingwirksam“ in Fondsprospekten auf. „Impact-Washing ist ein großes Problem“, findet Ex-Unternehmer Ralph Suikat. „Investoren bleibt nichts anderes übrig, als die Fondszusammenstellung genau anzuschauen und zu verfolgen sowie den Anbietern mit konkreten Fragen auf den Zahn zu fühlen.“

Einige Kennungen immerhin haben sich am Markt bereits etabliert, die ernstgemeinten Impact garantieren. Darunter das Siegel des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) und der Richtlinienkatalog der Privatinitiative Impact Management Project (IMP). Zudem arbeitet die 2018 gegründete Bundesinitiative Impact Investing (BIII) daran, allgemeingültige Standards für Wirkungsinvestitionen festzuschreiben. Als Grundlage hat sie die „Sustainable Development Goals“ (SDG) der UN identifiziert, die sich durch ihre Bekanntheit „als universelles Gerüst zur Wirkungsmessung eignen“, wie die BIII auf ihrer Webseite schreibt. Quantifizierbare Leitlinien, die man aus den breit gefassten Entwicklungszielen ableiten kann, bleibt die Initiative aber bislang schuldig.

Bonventure war die erste Gesellschaft, die 2003 einen Impact-Investing-Fonds im kontinentalen Europa auflegte – inspiriert vom angelsächsischen Raum, wo die Anlagestrategie Anfang der nuller Jahre Fuß fasste. Anna Sophie Lott ist Investment-Director bei der Münchner Gesellschaft, die inzwischen drei weitere Fonds an den Markt gebracht hat. Lott hält die Skepsis von Investoren für ungerechtfertigt; aus ihrer Sicht ist Impact sehr wohl präzise greif- und messbar. Die Wirkung der Sozialunternehmen oder Impact-Businesses in seinen Fonds misst Bonventure entlang des „Theory of Change“-Modells, das sich an einer IOOI-Logik orientiert, kurz für Input, Output, Outcome, Impact. „Wir haben uns zum Beispiel bei einem Unternehmen engagiert, das Diensträder an Mitarbeiter least“, erklärt Lott. „Der Input ist unsere Finanzierung. Ein Output ist beispielsweise die Anzahl der Fahrräder, die geleast wurden. Der Outcome sind die Tonnen an CO₂, die durch die Nutzung des Fahrrads statt des Autos eingespart wurden, und Impact ist der Rückgang von Krankheitstagen dank gesteigerter Bewegung.“ Diese quantifizierbaren Parameter könne das Sozialunternehmen über die Investitionsperiode kontinuierlich erheben.

Patrick Knodel gibt zu bedenken, wie aufwendig eine Impact-Messung ist: „Die meisten jungen Unternehmen haben Probleme, ihr normales Tagesgeschäft auf die Beine zu stellen, ihre Bilanzen zu sortieren etc. Zusätzlich noch ein Reporting gemäß SDGs zu erstellen erhöht den Dokumentationsaufwand noch weiter.“ Für eine echte Impact-Messung müsse man diverse aktuelle und künftige externe Effekte kennen und einrechnen, die das Unternehmen und der Investor erzeugen, inklusive Flugreisen und Stromverbrauch. „Das ist unheimlich komplex. Manche Teams hinter Venture-Fonds erstellen daher ein Lifecycle-Assessment für ihre Portfoliofirmen.“ Auch Knodel hat drei Impact-Fonds in seinem Portfolio – zur Risikostreuung und aus Kapazitätsgründen. „Das Team hinter einem Impact-Fonds bewertet pro Jahr 2.000 bis 3.000 Pitch-Decks. Das ist für einen Einzelinvestor logischerweise unmöglich. Ich verfolge aber interessiert, wie sie bei der Auswahl vorgehen und kann von den Teams viel für meine eigene Investmentstrategie lernen.“

Bleibt die Frage: Wo anfangen, wenn man Impact-Investor werden möchte? Egal, sagt Ralph Suikat. „Ich rate dazu, einfach mal einen Teil des Vermögens mit Impact zu investieren, um in den Markt hineinzufühlen.“ Im Austausch mit anderen Impact-Investoren entstünde dann nach und nach eine breitere Strategie und die Lust auf mehr Impact. „Finanzstarke Familien können und sollten über Impact-Investing ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden“, mahnt Dagmar Nixdorf. „Denn die Politik allein kann die vielen Herausforderungen, die in unserer Gesellschaft akut sind, nicht bewältigen.“ Besser heute als morgen müsse Impact-Investing aus seiner Nische herauskommen und zum Mainstream werden. Genau das sei daher das Motto ihrer Arbeit.

Aktuelle Beiträge